DGB-Jugend: Psychische Belastungen in der Ausbildung sind keine Ausnahme
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Hektik, Hetze, Tempo: Der Ausbildungsreport der DGB-Jugend belegt ein hohes Stressniveau bei der Ausbildung.
Die duale Ausbildung ist in Gefahr: 41.000 Ausbildungsstellen sind 2015 unbesetzt geblieben, der höchste Stand seit 1996. Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus, gleichzeitig gingen über 282.000 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete Bewerber_innen für einen Ausbildungsplatz leer aus – und über 270.000 stecken im Übergangssystem zwischen Schule und Ausbildung fest. Unbesetzte Ausbildungsstellen finden sich in jenen Branchen, die im Ausbildungsreport in der Qualität schlecht abschneiden. Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen sind keine Seltenheit. „.Es bleibt absolut unbegreiflich, dass einzelne Branchen ihrer Verantwortung nach einer guten Ausbildung nicht nachkommen, schlechte Ausbildungsbedingungen akzeptieren und die duale Ausbildung in Deutschland damit in Gefahr bringen. Unser Ausbildungsreport bestätigt erneut, wie wichtig eine Anpassung des rechtlichen Rahmens im Rahmen einer Gesetzesnovellierung für eine qualitativ hochwertige Ausbildung ist“, betont Florian Haggenmiller bei der Vorstellung des elften Ausbildungsreports zum Ausbildungsstart am 01. September 2016 in Berlin.
Haggenmiller erläutert: „Ein Großteil der Auszubildenden ist zwar mit ihrer Ausbildung zufrieden. Dieser positive Wert darf nicht über die bestehenden Probleme hinwegsehen lassen, die schon seit Jahren bekannt sind. Zumal die Ausbildungszufriedenheit, vor zwei Jahren auf den bislang niedrigsten erfassten Wert gefallen ist und seitdem nicht mehr spürbar angestiegen ist. Die im Ausbildungsreport festgestellten Verstöße und Probleme sind weiterhin auf einem hohen Niveau.“ Mehr als ein Drittel der Auszubildenden müssen regelmäßig Überstunden machen. Die Betreuung durch das Ausbildungspersonal ist nicht immer sichergestellt und bei jedem zehnten Auszubildenden fallen ausbildungsfremde Tätigkeiten an.
Das diesjährige Schwerpunktthema legt die DGB-Jugend in ihrer Studie auf die psychischen Belastungen in der Ausbildung, die - wie die Ergebnisse zeigen – leider keine Ausnahmen sind. Mehr als die Hälfte der Auszubildenden sehen sich durch Arbeitsanforderungen oder schlechte Arbeitsbedingungen hohen Belastungen ausgesetzt. Auswirkungen sind körperliche und psychische Beschwerden. „Ein zentraler Ansatzpunkt um die Belastungen und die sich daraus ergebenden gesundheitlichen Problemen zu reduzieren ist die generelle Verbesserung der Ausbildungsqualität. In Berufen mit schlechter Ausbildungsqualität sehen sich Auszubildende viermal so häufig hohen Belastungen ausgesetzt, als Auszubildende in Berufen mit guter Bewertung“, so Florian Haggenmiller.
Der Ausbildungsreport kann hier als Broschüre bestellt werden.
Als Konsequenz aus den Ergebnissen des Ausbildungsreports fordert der Bundesjugendsekretär „Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Ausbildungsqualität und haben mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes die Möglichkeit dazu. Sie ist im derzeitigen Koalitionsvertrag zwar vorgesehen. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung vorgelegte Evaluationsbericht kommt aber zu dem Schluss, eine Novellierung sei nicht von Nöten. Wenn nicht jetzt diejenigen, die dafür verantwortlich sind, handeln, wird das duale Ausbildungssystem an die Wand gefahren. Das ist absolut fahrlässig.“ Dazu gehören unter anderem einheitliche Standards bei der Eignung von Ausbilder_innen und Ausbildungsstätten, eine vollständige Lehr- und Lernmittelfreiheit sowie die verbindliche Einführung von betrieblichen Ausbildungsplänen.
Die DGB-Jugend hat im Rahmen ihrer Berufsschultour bundesweit 13.603 Auszubildende aus den 25 meistfrequentierten Ausbildungsberufen im dualen System befragt. Daraus ergibt sich eine repräsentative und detaillierte Datenbasis zur Bewertung der Ausbildungssituation. Die Studie wurde auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Institut für sozialpädagogische Forschung (ism) in Mainz erstellt.
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